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Preisverleihung 2018
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Freudenthal-Preisverleihung 2018

62. Freudenthal-Preis im Heimathaus Fintel im Rahmen einer Feierstunde übergeben

FINTEL (suv). Plattdeutsch, vor einiger Zeit fast nur noch in heimischen Stuben gesprochen, findet seit einigen Jahren wieder den Weg in Kindergärten und Schulen sowie zu anderen Orten - aktuell sogar bis nach Florida. So zumindest in einer Geschichte von Annegret Hauschild, in der sich der Protagonist am Strand des Urlaubsparadieses "op Platt" so seine Gedanken macht. Für ihre Kurzgeschichten "Kairos I - III" erhielt die Autorin aus Neudorf bei Eckernförde jetzt den Freudenthal-Preis. Bei der Verleihung am vergangenen Samstag in Fintel wurde aber noch eine andere Arbeit ausgezeichnet, deren Thema auf den ersten Blick nicht unbedingt mit der niederdeutschen Sprache verbunden scheint: Dr. Hans-Hermann Briese aus Norden beschreibt in acht Gedichten Erscheinungsformen unterschiedlicher Krebserkrankungen - und bekam für seinen Zyklus "Kranker" die Freudenthal-Anerkennung überreicht.



Jurysprecherin Dr. Ulrike Möller, (von links), Preisträgerin Anne Hauschild, Werner Salomon, Vorsitzender der Freudenthal-Gesellschaft und Dr. Hans-Herrmann Briese, gewinner der Freudenthal-Anerkennung, bei der Preisverleihung am Heimathaus in Fintel.
Foto: D. Kühnast


Seit nunmehr 62 Jahren zeichnet die Freudental-Gesellschaft, die kürzlich selbst bereits ihr 70jähriges Bestehen gefeiert hat, Autoren plattdeutscher Literatur aus. Damit ist der heute mit 2.500 Euro dotierte Preis die älteste kontinuierlich verliehene Auszeichnung für niederdeutsche Literatur. Bei der Preisvergabe in Fintel fanden sich die Gäste zudem an jenem Ort ein, indem der Schriftsteller Friedrich Freudenthal selbst einst gelebt hat. Der Gedenkstein am Heimathaus erinnert daran. "Unser Heimathaus ist jedoch kein Museum, sondern ein Veranstaltungsort", begrüßte der Vorsitzende des Heimatvereins Fintel, Hartmut Holsten, die zahlreichen Besucher der Veranstaltung. "Unser Dorf ist sehr stark verbunden mit den Freudenthal-Brüdern", fügte Fintels Bürgermeister Wilfried Behrens hinzu. "Hier wird unser Heimatdichter immer noch sehr verehrt."
Einen Dichter, der kein Wort zu viel verwendet, vermutete die Jury übrigens hinter der Einsendung "Kairos I - III": "Wir dachten zuerst wirklich, das Werk stamme von einem Mann", erinnerte sich Jurorin Dr. Ulrike Möller an die Sichtung der insgesamt 21 eingereichten Arbeiten. "Dann fragten wir uns, was ist das für eine Frau, die so bemerkenswert und abgründig und dabei so kurz, knapp und präzise über menschliche Schicksale schreibt." In ihrer Laudatio lobte Möller die Geschichten, "die bereits mit dem ersten Satz eine ganze Vorstellungswelt entstehen lassen" als beeindruckende Werke, "für die es nur ganz weniger Worte bedarf, um die Gefühle des Protagonisten deutlich zu machen."

Der "Held" einer der Kurzgeschichten lasse auf den ersten Blick das Bild eines etwas bemitleidenswerten Reisenden entstehen: "Er fühlt sich bei seinem Strandspaziergang in Florida offenbar etwas verloren und dort nicht recht wohl, er kommt mit dem Handy nicht zurecht, wird in der Sonne eher rot statt braun", beschreibt die Jurorin die Handlung, in deren Verlauf der Protagonist im Sand erst einen Sanddollar, ein versteinertes Seeigel-Skelett, und dann noch einen Ring findet. Nach dem Schmückstück sucht das Brautpaar, dem er begegnet, bereits verzweifelt - der aufgelösten Braut reicht er die Hand und gibt ihr: den Sanddollar. "Heff ik jüst funn", sagt er und behält den Ring. "Braucht er ihn nötiger? Darf man das? In der Jury ging es bei der Diskussion darüber jedenfalls hoch her", so Möller. Das Urteil der Juroren: man darf. "Annegret Hauschild ist als Autorin mit allen Wassern gewaschen: Jeder Satz trägt den ganzen Text, und es ist ein besonderes Qualitätsmerkmal, wenn die Leser länger über den Text nachdenken, als es gedauert hat, ihn zu lesen."

Viel Lob erntete auch der Träger der mit 500 Euro dotierten Freudenthal-Anerkennung. Die Laudatio von Dr. Gerrit Appenzeller, zur Zeit auf einer Reise, verlas sein Jurykollege Rainer Schobeß: "Es ist ein ‚Panorama der Krebskrankheiten'." An vielen Stellen über medizinische Details und Behandlungsmethoden werde deutlich, daß der Autor vom Fach sei: "In seinen acht Gedichten, die sich alle mit großer Direktheit und Schonungslosigkeit um die Krankheit drehen, erspart Dr. Briese dem Leser kein noch so schlimmes Detail. Die Hilflosigkeit der Betroffenen wird im Gedichtszyklus immer wieder spürbar." Die beschriebenen Schicksale seien zwar verschieden, doch sie alle eine die Angst ebenso wie die Hoffnung: "Wie ein roter Faden ziehen sich die Frage nach Gott und die Suche nach Trost durch die Werke. Daß Gedichte über Krebs so gelungen sind, ist eine literarische Seltenheit."






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